Grundlagen
Kindeswohl und Prävention sexualisierter Gewalt – in Tanz und Tanzvermittlung
Als Tanzvermittler*innen arbeiten wir im engen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Wir schaffen Räume für körperliche und geistig-emotionale Begegnungen sowie sinnliche und kognitive Erfahrungen. Mit dieser Arbeit geht eine besondere Verantwortung für das Wohlergehen, den Schutz und die Realisierung der Rechte junger Menschen nach § 1 SGB VIII und der UN-Kinderrechtskonvention einher.
Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich frei von Diskriminierung, (sexualisierter) Gewalt, sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch in jeglicher Form entfalten und wechselseitig Respekt und Wertschätzung erfahren zu können.
Da der Tanz und seine Vermittlung grundlegend auf körperlich-sinnlichen Erfahrungen basieren, bedarf es in diesem Feld einer besonderen Achtsamkeit gegenüber dem körperlich-geistigen Wohl von Kindern und Jugendlichen und allen anderen Beteiligten. Um dies zu gewährleisten, braucht es unter anderem eine reflektierte Haltung zu bestehenden Machtasymmetrien, die Entwicklung konkreter Schutzkonzepte, Verhaltensregeln, Wissen über Formen von (sexualisierter) Gewalt sowie Kenntnis partizipativer Methoden zur Stärkung junger Menschen.
In der Tanzvermittlung haben wir die Pflicht, Teilnehmende innerhalb unserer Angebote vor (sexualisierter) Gewalt zu schützen. Wir müssen die persönlichen Grenzen der Kinder und Jugendlichen respektieren und wahren, Überlastung und Überforderung vermeiden und eine offene und transparente Gesprächskultur pflegen.
Aber auch jenseits der eigenen Angebote sollen junge Menschen Hilfe erfahren, wenn wir als Vertrauensperson über gefährdende Erfahrungen in ihrem privaten Umfeld erfahren.
Sicherheit durch Wissen
Je mehr man über Präventions- und Interventionsmaßnahmen weiß, umso sicherer kann man agieren und umso mehr Sicherheit kann man Kindern und Jugendlichen in (tänzerischen) Angeboten bieten. Dies beinhaltet auch, dass man sich über die eigenen Grenzen bewusst ist und weiß, wann man externe Hilfe hinzuziehen muss. Dies gilt insbesondere für Interventionsmaßnahmen bei Verdachtsfällen. Hier ist häufig das Hinzuziehen professioneller Fachstellen bzw. geschulten Personals besonders wichtig. Doch in Situationen, in denen man plötzlich zur Vertrauensperson eines jungen Menschen wird und man so von einer Kindeswohlgefährdung erfährt, ist es bedeutsam, Wissen zu haben, um einen angemessenen Umgang mit der Situation und dem betroffenen Kind bzw. Jugendlichen gewährleisten zu können.
Gleichzeitig ist auch das Wissen auf Seiten junger Menschen eine wichtige Grundlage für ihre Sicherheit. Über meine Rechte als Kind und Jugendlicher aufgeklärt zu sein, gibt mir die Chance, diese auch vertreten zu können. Wenn ich als Kind weiß, dass in einer gesunden Beziehung zu einem Erwachsenen, ein NEIN zu einer Berührung keine negativen Konsequenzen hat, erkenne ich problematische Situationen schneller, in denen ein NEIN nicht akzeptiert oder mit Sanktionen belegt wird und kann mich besser dazu verhalten bzw. mir Unterstützung holen.
Sicherheit durch Reflektion
Machtmissbrauch ist die Basis (sexualisierter) Gewalt. Macht wird Menschen zugeschrieben oder verliehen. Sie ist keine Eigenschaft und auch kein Faktum, das per se negativ ist. Negativ ist letztlich „machtmissbrauchendes Verhalten“, dem immer eine Machtasymmetrie zugrunde liegt, die ausgenutzt wird. Machtasymmetrien basieren häufig auf Alter, Geschlecht, Gender, Positionen innerhalb einer Organisation/Gruppe, Klassenzugehörigkeit, Herkunft etc. Es ist wichtig, die eigene Machtposition zu reflektieren und im Hinblick auf die Rechte junger Menschen zu erkennen, wie man diese einsetzt. Mit Macht geht die Verantwortung zu Transparenz und Fürsorge einher. Machtasymmetrien existieren aber auch innerhalb einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die bei Missbrauch zu Peer-Gewalt führen können.