Werkstatt Politische Rahmenbedingungen
Leitung: Livia Patrizi, Dörte Wolter, Aktion Tanz
Impuls: Susanne Rehm, Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung BaWü
Die Werkstatt „Politische Rahmenbedingungen“ setzte sich unter Einbeziehung der Empfehlungen der KMK mit den rechtlichen Voraussetzungen und politischen Herausforderungen auf Bundes- und Landesebene für die Implementierung von und der Qualifizierung für Tandem Tanz auseinander.
Impulse
Susanne Rehm gab einen Einblick in den aktuellen Stand der Vorbereitung und Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes in Baden-Württemberg und zeigte Ansätze zur Verstetigung von Pilotprojekten der Kulturellen Bildung auf:
Der Rechtsanspruch gilt ab dem Schuljahr 2026/27 und wird in Baden-Württemberg stufenweise umgesetzt. In den KMK-Empfehlungen gibt es explizite Empfehlungen für den Sozialraumbezug und die Einbeziehung von externen Kooperationspartner*innen. Es gibt keine bundesweit einheitliche Definition von Qualitätskriterien oder Mindeststandards. Kooperationen mit außerschulischen Partner*innen sind gewünscht, die Monetarisierung von Lehrkräftestunden zur Bezahlung von außerschulischen Kooperationspartner*innen ist möglich. Kooperationen mit Organisationen wie Vereinen, Theatern o. ä. sind einfacher zu gestalten als mit Einzelpersonen, da sie eine Verlässlichkeit bei Vertretungsbedarf garantieren. Schulträger haben Interesse an kontinuierlichen wöchentlichen Angeboten über das ganze Schuljahr oder an ganztägigen (8 Stunden) Angeboten in den Schulferien. Bei Modellen, in denen morgens die Verantwortung bei der Schule und nachmittags bei einem externen Träger liegt, bleibt die Frage, wie Besuche in Kultureinrichtungen noch möglich sein werden. Fachkräftemangel: Auch Kulturschaffende können voraussichtlich als „Fachkräfte“ im Ganztag angestellt werden, dann ggf. auch mit anderen Aufgaben.
Dörte Wolter gab einen Impuls zu Finanzierungsmodellen von Angeboten der Kulturellen Bildung in den verschiedenen Bundesländern.
Livia Patrizi stellte das Modell „Tandem Tanz und Schule“ vor.
Prozess
Im Anschluss an die drei Impulse, folgten mehrere Diskussionsrunden zu möglichen Finanzierungen und Berechnungsmodellen, rechtlichen Rahmensetzungen sowie zum Pilotvorhaben Tandem Tanz und Schule.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die KMK empfiehlt für die Verankerung von Angeboten Kultureller Bildung in Schulen, „dass Politik und Verwaltung entsprechende rechtliche Rahmensetzungen gewährleisten. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen dabei die Einbeziehung Dritter (Künstlerinnen und Künstler) in Schulen, Kooperationen, Entwicklungs- und Umsetzungshinweise in den Curricula sowie finanzielle Budgets“.
Bei der Frage, in welchen Gesetzen, Programmen, Strukturen, Rahmenplänen Kulturelle Bildung konkret verankert ist, wurden unterschiedliche bundesweite Modelle vorgestellt, z. B.:
Im Berliner Rahmenkonzept Kulturelle Bildung steht: „Kulturelle Bildung ist als Querschnittsaufgabe sowohl in den schulischen als auch den außerschulischen Einrichtungen zu sichern.“ Im „Orientierungs- und Handlungsrahmen für das übergreifende Thema Kulturelle Bildung“ steht darüber hinaus: „Die in der kulturellen Bildung erworbenen Kompetenzen können in allen Fächern genutzt und auch dort entwickelt werden. Besonders geeignet sind Projekte und Begegnungen mit Kulturschaffenden, die zur Erweiterung persönlicher Ausdrucksweisen und zum Verständnis des kulturellen Arbeits- und Schöpfungsprozesses dienen. Kooperationen mit externen Kulturpartner*innen und Institutionen unterstützen die kulturelle Bildung.“
Das Programm SCHULE:KULTUR! in Niedersachsen wurde innerhalb des Rahmenprogramms „Kreativpotentiale“ in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Kultusministerium und dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur von 2014–2022 durchgeführt mit dem Ziel, die Schulentwicklung zu unterstützen und Kulturelle Bildung nachhaltig in den Schulalltag (bspw. im Fachunterricht, in der Pause, im Ganztag, in wiederkehrenden Projektwochen o. ä.) zu implementieren.
Fazit zur rechtlichen Rahmensetzung
Für ein Pilotvorhaben Tandem Tanz soll die rechtliche Rahmensetzung es erlauben, die Angebote curricular in den Schulen zu verankern, so wie es z. B. bereits in Berlin und Niedersachsen der Fall ist. (In Nordrhein-Westfalen beispielsweise können im Landesprogramm Kultur & Schule NRW Angebote dieser Art nicht als Bestandteil der Stundentafel des Regelunterrichts oder im Kerncurriculum stattfinden, sondern lediglich außerunterrichtlich.)
Finanzierungsmodelle
Wir haben uns die Frage gestellt, welches Berechnungsmodell helfen kann, um Summen zu kalkulieren, die am Ende eine flächendeckende Implementierung von außerschulischen Expert*innen als Teil von multiprofessionellen Teams in Schulen zu ermöglichen? Es folgte ein Austausch über ein Gedankenspiel, um eine Förderung in Zahlen zu generieren: 200 € pro SuS pro Jahr = 5.000 € pro Schulklasse pro Jahr für die Organisation und Durchführung von Kulturellen Bildungsprojekten.
Außerdem wurden die Möglichkeiten des Startchancenprogramms sowie die einer Finanzierung durch das BMBF für ein Pilotprojekt Tandem Tanz in Betracht gezogen.
Pilotvorhaben Tandem Tanz
Anhand der Erfahrungen von Programmen wie Kulturagenten, Tanzplan oder Tanzpakt haben wir uns die Frage gestellt, wie man bundesgeförderte Pilotprojekte von Anfang an so gestalten kann, dass eine Übernahme durch die Länder später gesichert ist und wie der Wissenstransfer kontinuierlich zwischen den Akteur*innen in den einzelnen Bundesländern gewährleistet werden kann. Wir haben auch über ein fünfjähriges Pilotvorhaben diskutiert, welches in einer Kofinanzierung aus Bundes- und Landesmitteln für die ersten drei Jahre und einer sukzessiven Übernahme durch die Länder in den Folgejahren erfolgen könnte.
Fazit
Um weiter in Richtung einer systemischen Gesamtoffensive zur Implementierung der Darstellenden Künste in Schule und Ganztag zu gehen, werden wir anhand der Diskussionsergebnisse politische Strategien vertiefen und nächste Schritte erörtern, um das Modellvorhaben weiterzuentwickeln und die Ergebnisse lokalen politischen Entscheidungsträger*innen zu präsentieren. Wir werden weiterhin Expertise über bisherige Programme und Handlungsfelder zusammentragen (aus der Praxis für die Praxis), Akteur*innen aus künstlerischen Feldern und dem Bildungsbereich zusammenbringen und uns bundesweit mit Akteur*innen und Verbänden austauschen, um über eine mögliche Ausweitung von Tandem Tanz & Schule zu einem Tandem Darstellende Künste & Schule (Tandem DKS) zu sprechen. Die Herausforderung besteht darin, verlässliche Strukturen, Qualitätssicherung und gute Bedingungen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen zu schaffen, damit sich ein fächerübergreifendes kulturelles Bildungsangebot (Praxis und Rezeptionsformate) entfalten kann, das langfristig zur Verbesserung der Schulqualität beiträgt und genauso die Kultureinrichtung und die Kunstszene der Zukunft bereichert.
Dafür brauchen wir in jedem Tandem Tanz-Bundesland Kompetenzstellen, Kooperationsnetzwerke, Qualifizierungsangebote und Projektmittel.
Hauptziel bleibt es, eine Roadmap für die nächsten Schritte festzulegen, um durch eine länderübergreifende Bewegung und Vernetzung ein Narrativ zu entwerfen, das die politisch Verantwortlichen zum Handeln bewegt. Die Darstellenden Künste in Schulen müssen strukturell, nachhaltig, qualitativ und verbindlich implementiert werden.
Alle Fotos: © Jennifer Rohrbacher