Tanz in ländlichen Regionen
Rund 90% der Fläche Deutschlands sind ländliche Räume, die wiederum von 47 Millionen Menschen bewohnt werden. Ländliche Regionen sind von vielfältigsten Veränderungsprozessen betroffen. Gesellschaftsrelevante Themen wie Klimawandel, Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Geburtenrückgang, Zu- und Abwanderung und die demografische Entwicklung verändern das soziale Leben und die wirtschaftlichen Gegebenheiten der ländlichen Räume.
In unserem aktuellen Netzwerkprojekt tanz weit draußen widmen wir uns mit Bündnispartner*innen aus 5 bisher Bundesländern diesem wichtigen Themenkomplex für und aus Sicht des zeitgenössischen Tanzes. Ziel ist, die jeweiligen regionalen Tanzszenen zu erweitern, zu stärken, zu professionalisieren und sichtbarer zu machen. Darüber hinaus sollen Erfahrungen ausgetauscht, Expertise gepoolt und zugänglich gemacht werden und am weiteren Ausbau eines bundesweiten Netzwerkes gearbeitet werden.
Manche Regionen erfahren eine starke Aufwertung, andere verlieren an Bedeutung. In der Regel ist dies u. a. abhängig von der Güte der jeweils existierenden Infrastruktur inkl. der Möglichkeit an den Chancen der Digitalisierung partizipieren zu können. Viele Bewohner strukturschwacher ländlicher Räume fühlen sich heutzutage „abgehängt“, vermissen Arbeits- und Entwicklungsperspektiven und leiden unter der Tatsache, dass u. a. viele junge Menschen die Region für Ausbildung, Studium oder Arbeit verlassen (müssen). Die Politik versucht dieser Realität zu begegnen und hat sich die Entwicklung der ländlichen Räume zur Schaffung gleichwertiger Chancen zum Ziel gemacht.
Wie uns spätestens im Kontext unseres bundesweit agierenden Förderprojektes ChanceTanz deutlich wurde, ist auch die Teilhabemöglichkeit an der Kunstform Tanz für Bewohner*innen ländlicher Räume extrem erschwert. Häufig fehlt es an Kultureinrichtungen, an adäquat ausgebildeten Tanzkünstler*innen, Kompanien, Bühnen und entsprechend an Möglichkeiten zeitgenössischen Tanz sehen, erleben und erlernen zu können.
Was muss getan werden, um diese Situation zu verbessern? Welche Strukturen braucht es? Welche Projektformate machen unter den gegebenen Bedingungen Sinn? Was sind Besonderheiten, die es in der Finanzierung bzw. Förderung zu beachten gilt? Welche Bedeutung können Kooperations- und Austauschformate haben? Und auf welchem Wege weckt man Interesse am zeitgenössischen Tanz und stärkt Entwicklungen vor Ort, ohne den Tanz als „UFO“ implementieren zu wollen?
Ein erstes Projekt zu Tanz in ländlichen Regionen hat Aktion Tanz zusammen mit der TanzSzene Baden-Württemberg, der Fachstelle Tanz MV sowie Tanzregion Vorpommern e.V. realisiert. Es bestand aus dem hybriden Symposium ‚Es braucht ein ganzes Dorf… Tanz in ländlichen Räumen‘, das im Mai 2021 stattfand und an dem insgesamt 120 Interessierte teilnahmen sowie einem anschließenden Mentoring-Programm.